Aktuelle Trends im Projektmanagement
Derzeit stehen bedeutende interne Herausforderungen für IT-Verantwortliche im Mittelpunkt: Die Anpassungsfähigkeit der IT an aktuelle Anforderungen, der Kostendruck, die Wiederherstellung des verlorenen Kundenvertrauens und das Management von Reputationsrisiken sind von zentraler Bedeutung. Zudem sind gesteigerte Anforderungen an die IT-Services, wie beispielsweise zur Verbesserung der Beratungsqualität von Unternehmen, von hoher Priorität.
Der Trend zur Globalisierung besteht weiterhin.
Das Ausmass der Globalisierung und internationalen Zusammenarbeit wurde schon immer von Krisen beeinflusst. Beispiele hierfür sind die Finanzkrise, ausgelöst durch die Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008, die COVID-19-Pandemie oder die aktuelle Ukraine-Krise seit 2014, welche die Abhängigkeit von russischem Gas und extreme Engpässe bei Getreidelieferungen aus der Ukraine nach Afrika verursachen. Nicht zu vergessen sind die aktuellen Lieferengpässe von Chips aus Taiwan und die immer noch spürbaren Auswirkungen des Containerschiffs ‚Ever Given‘ der Evergreen-Reederei, das sich im Suezkanal festsetzte. All diese Faktoren und weitere haben einen erheblichen Einfluss auf den Gestaltungsrahmen jedes größeren Projekts.
Die Nutzung von Big Data und künstlicher Intelligenz (KI) wird zu entscheidenden Erfolgsfaktoren in großen, komplexen Projekten. Die Anzahl und Komplexität der Projekte nehmen stetig zu. Im Jahr 2021 betrug die Investitionsquote in der Schweiz schätzungsweise 25,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Projektmanager in Vorhaben mittlerer und hoher Komplexität sind häufig mit Routineaufgaben wie der Erstellung von Projektdokumentationen, der Planung, der Budgetüberwachung und dem Reporting beschäftigt. Dies lässt ihnen oft wenig Zeit, sich auf zentrale Leistungsindikatoren wie das Lösen von Konflikten innerhalb des Teams oder mit beteiligten Partnern, die Motivation des Teams, das Stakeholder-Management sowie das Projektmarketing und die Kommunikation zu konzentrieren.
KI in Kombination mit Big Data bietet das Potenzial, das Projektmanagement bei diesen wiederkehrenden Aufgaben erheblich zu entlasten. Beispielsweise können Projektpläne aufgrund von Verzögerungen, Kapazitätsengpässen oder anderen Risikofaktoren angepasst und optimiert werden. Durch den Einsatz von KI können potenzielle Projektverzögerungen frühzeitig erkannt, Ressourcen effizient gemanagt und evidenzbasierte Entscheidungen getroffen werden.
Die Fähigkeit, große Datenmengen in Sekundenbruchteilen zu analysieren und dabei auf Erfahrungswerte zurückzugreifen, unterstreicht das Potenzial von KI. Da durch den Einsatz von KI-Kapazitäten im Projektmanagement freigesetzt werden, können diese anderweitig wertschöpfend eingesetzt werden. Daten sind nicht das neue Öl oder Gold – sie sind weitaus wertvoller, da sie sich im Gegensatz zu physischen Rohstoffen nicht abnutzen und beliebig oft verwerten oder verkaufen lassen.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist der Einsatz von erfahrenem und kompetentem Personal. Der professionelle Umgang mit KI und Big Data wird die Planungsqualität verbessern. Für eine erfolgreiche Umsetzung in Unternehmen ist es wichtig, gemeinsam mit IT-Experten die vorhandene Datenqualität auf ihre Eignung zu prüfen und diese Projekte in Zusammenarbeit mit technischem und kaufmännischem Projektpersonal umzusetzen. Die relevanten Stakeholder, darunter Data Scientists und das Projektteam, müssen lernen, miteinander zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Die Schnittstelle zwischen Datenspezialisten und Projektpersonal wird von der Firma RUCHTI TEC als kritischer Erfolgsfaktor eingestuft.
Erfahrene Anwender müssen die richtigen Fragen stellen, die Systemantworten interpretieren und aus allen identifizierten Korrelationen früherer Projekte die relevanten Kausalitäten extrahieren, um diese in zukünftige Projektplanungen einfließen zu lassen.
Mit dem aufkommenden Markt für AIaaS-Angebote (Artificial Intelligence as a Service) werden KI-Technologien für Unternehmen nutzbar, ohne dass diese selbst Rechenleistung, Speicherkapazität und Know-how vorhalten müssen – für einige eine deutliche Erleichterung, für andere ein attraktives Geschäftsmodell.
Das Aufsetzen und die Durchführung von Big-Data-Projekten sowie die Nutzung von KI-Systemen sollte selbst als Projekt betrachtet werden; nach aktuellen Studien leider noch mit einer hohen Misserfolgsquote. Pioniere in dieser Arbeitsweise, bestätigen die Notwendigkeit zusätzlichen Know-hows und eines speziellen Projektdesigns, um ein angemessenes Grundverständnis für KI aufzubauen und dieses gewinnbringend zu nutzen.
Fehlende Lieferketten sind das Ergebnis komplexer, multikausaler Zusammenhänge.
Zusätzlich zum Problem des „nicht liefern Könnens“ tritt nun das „nicht liefern Dürfens“ auf, bedingt durch Embargos, die von der UNO oder der EU gegen bestimmte Staaten verhängt werden. Liegt der Ort der Leistungserbringung oder das Lieferziel außerhalb der EU, erhöht sich der Planungsaufwand erheblich und wird vielfältiger. Längere Projektlaufzeiten und höhere Kosten müssen einkalkuliert werden, wobei eine verursachergerechte Kostenverteilung oft nicht möglich ist.
Die Planungs- und Realisierungsphasen werden wesentlich interdisziplinärer. Neben technischer und kaufmännischer Expertise sind umfassende Kenntnisse in verschiedenen Rechtsgebieten sowie kulturelle, moralische und politische Aspekte notwendig. Risiko- und Stakeholdermanagement gewinnen an Bedeutung, und die Vertragsgestaltung muss um weitere Dimensionen erweitert werden. Die Zuverlässigkeit und Optimierung von Lieferketten stellt somit eine vielschichtige Herausforderung dar, die nicht allein durch die Projektteams bewältigt werden kann.
Die Nutzung moderner Medien entwickelt sich von punktuellen Anwendungen hin zur flächendeckenden Nutzung.
Verteiltes Arbeiten und die daraus resultierende Notwendigkeit, Kompetenzen im Führen virtueller Teams aufzubauen, betreffen nicht mehr nur multinationale Konzerne und dezentrale Netzwerke, sondern jedes Projekt in kleinen und mittelständischen Unternehmen.
Während die Digitalisierung auf Shopfloorebene und Baustellen schon länger stattfindet, erfolgt sie nicht durch PCs, sondern durch die weit verbreitete Nutzung von Smartphones. Das positive Image dieser Hardware und die ständige Erreichbarkeit nahezu aller Kollegen fördern die Entstehung projektspezifischer Homepages und Apps, von denen erste Versionen bereits erfolgreich im Einsatz sind.
Technologien wie VR, AR und MR sind zunächst durch den Market Pull in die Automotive-Entwicklungsprojekte eingezogen und erobern nun durch den Technology Push das Projektmarketing sowie viele weitere Bereiche der Projektarbeit. Diese Potenziale gilt es aktiv zu identifizieren und zu nutzen.
Es ist besonders wichtig, auf Basis der neuen Medien neue Geschäftsfelder zu erschließen. Für externe Kunden können wertvolle Dienstleistungen generiert werden. Dienstleister können Interaktions- und Partizipationsprozesse professionalisieren, während produzierende Unternehmen zusätzliche Deckungsbeiträge erschließen können. Service Engineering Projekte zur Servitization können in zunehmend serviceorientierten Gesellschaften das Überleben des Unternehmens sichern und die Kundenbindung stärken.
In wesentlichen Bereichen des Projektmanagements ist eine Vertiefung des Know-hows unverzichtbar.
Projekte werden zunehmend zahlreicher und umfangreicher und ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt, der derzeit bei über 40 % liegt, wird vermutlich weiter kontinuierlich steigen. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist dabei der Einsatz von kompetentem und erfahrenem Personal.
Projektmanagement muss in den zentralen Kompetenzfeldern erheblich umfassender und detaillierter vermittelt werden, um den zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden: a) einer steigenden Anzahl von Projekten, b) zunehmender Projektgröße und c) verstärkten Wechselwirkungen. Interdisziplinäres Methoden- und Erfahrungswissen kann im Gegensatz zu reinem Faktenwissen nur sehr begrenzt über Google und Wikipedia erworben werden.
Da es um erhebliche Budgets geht und in einigen Klimaschutzprojekten inzwischen um nichts weniger als die Rettung unseres Planeten in seiner bekannten Form, muss die Qualität der Ausbildung und Zertifizierung durch rollenbasierte Zertifikate sichergestellt werden. Heutzutage reicht es aus, „Projektleiter“ auf der Visitenkarte zu stehen zu haben. Langfristig darf dies jedoch nicht mehr die alleinige Eintrittskarte sein.
Nachhaltigkeit gewinnt zunehmend an Bedeutung und verändert dabei ihren Charakter.
Dieses Thema hat mittlerweile alle Bereiche von Organisationen erreicht, einschließlich der Projektarbeit. Daher gehört es zum Verantwortungsbereich der Projektleitung, sich den zahlreichen Anforderungen zu stellen, obwohl es bisher nur wenige praktische Hilfestellungen gibt. Die Bereitstellung von operativen Werkzeugen für die Projektplanung und -durchführung sowie für die richtige Projektauswahl wird künftig ein zentraler Schwerpunkt in der Methodenentwicklung sein.
Der Kostenaspekt von Nachhaltigkeit geht heute weit über den Zertifikatehandel hinaus. Langfristig werden nachhaltige Projekte auch wirtschaftlich sinnvoll sein. Daher muss Nachhaltigkeit nicht nur in die Unternehmensphilosophie, sondern bald auch in die Kalkulationsschemata der Projekte integriert werden.
Green Controlling ist aktuell ein selten verwendeter Begriff, wird jedoch zu einem eigenständigen Tätigkeitsfeld heranwachsen und möglicherweise sogar zu einer spezifischen Projektrolle werden.
Derzeit stehen viele Gesetzesentwürfe, Ziele und Selbstverpflichtungen nur wenigen punktuellen Umsetzungen gegenüber. Es werden zahlreiche Pilotierungs-, Implementierungs- und Rollout-Projekte folgen müssen. In den Vorgehensmodellen zur Projektarbeit werden Aspekte der Nachhaltigkeit ebenso regelmäßig berücksichtigt werden wie das projektbegleitende Risiko- und Qualitätsmanagement.
Einfluss des Fachkräftemangels auf das Projektmanagement
Fachkräftemangel erreicht beispiellose Ausmaße: +68%
Zürich, 28. November 2022 – Nach einer durch die Corona-Pandemie bedingten Entspannungsphase in den Jahren 2020 und 2021 verschärft sich der Fachkräftemangel in der Schweiz nun dramatisch. Der aktuelle Fachkräftemangel-Index hat einen historischen Höchststand erreicht. Dies stellt Unternehmen vor große Herausforderungen bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter. Besonders schwierig zu besetzen sind derzeit Stellen für Gesundheitsspezialisten, IT-Fachkräfte und Ingenieure. Dies geht aus dem Fachkräftemangel-Index der Adecco Gruppe Schweiz und dem Stellenmarkt-Monitor Schweiz der Universität Zürich hervor. (Quelle: Studie: Fachkräftemangel-Index Schweiz 2022).
Unternehmen, die nicht bereits gestern die notwendigen Ressourcen und das Know-how für projektorientiertes Arbeiten gesichert haben, werden kurz- oder langfristig ihre Vorhaben nicht fristgerecht umsetzen können. Im Projektmanagement ist es entscheidend, sich auf neue Innovationen wie IoT, KI, Industrie 4.0 und agile Transformationen einzustellen. Andernfalls riskiert man Marktanteile, Umsatzeinbußen und im schlimmsten Fall die Existenz des Unternehmens.
Meine persönliche Einschätzung in diesem Kontext ist das Organisationen noch zu wenig die Bereitschaft zeigen, alternativ mit Freelancern zusammenzuarbeiten. Dies wird sich wohl erst dann ändern, wenn es richtig «Weh tut», dann wenn sich der Impact, die volle Wirkung des Ausscheidens der Baby-Boomer (1946-1964) aus dem Arbeitsmarkt zeigt.
Stefan Ruchti, 2024