Wie können aktivierende und kognitiveProzesse sowie Prozesse des Käuferverhaltens gemessen werden?

18. Oktober 2023 Von Stefan Ruchti

Einleitung

Gemäß den Autoren Meffert et al. (2019, S. 89) ist das Käuferverhalten ein wichtiger Marketingaspekt zur Abschätzung der Marktreaktion des Konsumenten. Die Käuferverhaltensforschung beurteilt das Käufer-verhalten, indem sie sich mit den zentralen Determinanten des Verhaltens im Marktgeschehen beschäftigt und leistungsfähige Erklärungsansätze liefert. Das Paradigma lautet dabei: Wer hat was, warum, wie viel, wann und wo gekauft? Dabei können aktuelle Veränderungen im Kommunikationsverhalten und im Medienkonsum der Konsumenten festgestellt werden – beispielsweise, dass die Konsumenten vermehrt über soziale Plattformen wie Facebook, Twitter, LinkedIn etc. kommunizieren und zunehmend online einkaufen oder sich zuerst im Internet informieren, um das Produkt anschließend in einem stationären Shop zu erwerben (Click & Collect), (Florian Endres, 2021). Im Weiteren zeigt sich, dass die Konsumenten in allen Phasen des Kaufprozesses mehr Erlebnis, Abwechslung (Variety Seeling), (Yuan Zhang, 2022), Individualisierung, Nachhaltigkeit, Convenience (Vereinfachung und Entlastung) und Multioptionalität erwarten. Im Marketing spiegelt sich das Käuferverhalten in Form von Messgrößen wie Kunden- Zufriedenheit und -loyalität wider. Dabei werden Kundenzufriedenheit und -loyalität sowie das
Kundenverhalten und die Kundenbedürfnisse durch Umfeldstimuli, prädisponierende Prozesse sowie aktivierende und kognitive Prozesse des Individuums im Kontext des Marktgeschehens beeinflusst (Boltz& Trommsdorff, 2022, S. 15–18).

Zielsetzung und Fragestellung

Folgende Fragestellung wurde abgeleitet:

Wie können aktivierende und kognitive Prozesse sowie Prozesse des Käuferverhaltens gemessen werden?

Diese Fragestellung wird mittels des Marketing-Management-prozesses ‘Marktforschung, Konsumenten-verhaltensforschung’ und anhand von messbaren psychischen Erklärungs-Konstrukte zum Käuferverhalten beantwortet.

Abgrenzung

Diese Ausarbeitung konzentriert sich auf die Analyse und Beschreibung von bestimmten Teilaspekten des Verkäuferverhaltens und begrenzt sich dabei auf Themen der nicht beobachtbaren (nicht intervenieren-den Variablen) des SOR-Modells – den sogenannten aktivierenden und kognitiven Prozessen. Sie behandelt nur exemplarische Teilbereiche, andere ebenso relevante Themen im Kontext des Käuferverhaltens wie z.B. die Umfeldstimuli, Teile der prädisponierenden Prozesse, Marketing-Maßnahmen im Marketingmix (4P), das Kaufverhalten organisationaler Kunden und die Kontrolle der Respons (R), Moderatoren wie Persönlichkeit, Lebensstile usw., und soziale Determinanten werden bewusst abgegrenzt (siehe Abbildung 1).

Erklärungsansätze des Käuferverhaltens

In den folgenden Kapiteln werden die ausgewählte, diejenigen theoretischen Grundlagen und Charakteristika des Organismus (O) beschrieben, die Einfluss auf das Käuferverhalten nehmen. Konkret werden dabei folgende Themen behandelt: Aktivierung, Emotionen, Motivation, Wahrnehmung, Einstellung, kognitive Prozesse wie Denken, Gedächtnis, Lernen und der prädisponierende Prozess des Involvements.

Theorietische Grundlagen und Charakteristika des Käuferverhaltens

Die Definition des Begriffs ‘Käuferverhalten’ lautet: Das „Käuferverhalten […] beschäftigt sich mit dem Verhalten von Nachfragern beim Kauf, Ge- und Verbrauch von wirtschaftlichen Gütern bzw. Leistungen […]“. (Foscht et al., 2017, S. 3). Die Grundlagen des Käuferverhaltens werden im Folgenden anhand des Partialmodells des neobehavioristischen SOR-Modells beschrieben. Dieses Modell entspricht einer grafischen Gliederung und keiner geschlossenen Theorie zum Konsumenten und dient damit vor allem der didaktischen Strukturierung dieser Hausarbeit. Foscht et al. beschreiben in ihrem Werk (2017, S. 28) das SR-Modell (siehe Abbildung 1) als behavioristischer Erklärungsansatz und beschränken sich dabei auf die beobachtbaren Variablen der Stimuli (S) und Response (R). Unter S wird verstanden, dass bestimmte Sinnesreize (oder eben S), die mittels einer Marketingmassnahme ausgelöst werden (z. B. beim Betrachten einer Produkteverpackung), auf den O des Konsumenten treffen. Dabei findet eine Reaktion statt, die R genannt wird, und z. B. zu einem Impulskauf führen kann. Foscht et al. (2017, S. 29) betrachten anhand des SR-Modells (siehe Abbildung 4) alle inneren Prozesse des menschlichen O, die das Kaufverhalten beeinflussen, als Black-Box. Das SOR-Modell (siehe Abbildung 5) verfolgt dabei einen neobe-havioristischen Ansatz und wird um zwei Variablenklassen ergänzt, namentlich um aktivierende
Prozesse wie Emotionen, Motivation und Einstellung sowie um kognitive Prozesse wie Wahrnehmung, Lernen und Gedächtnis sowie das beobachtbare äußere Konsumentenverhalten von S und R mit dem inneren Verhalten des O

Anhand der beschriebenen Modelle kann angenommen werden, dass diese Erweiterung des SOR-Modells eine Entwicklung der Konsumentenverhaltensforschung ist, die das Ziel verfolgt, sich mit dem Einfluss der nicht direkt beobachtbaren intervenierenden Variablen des O auf das Käuferverhalten intensiver auseinanderzusetzen und diese messbar zu machen.

Psychische Erklärungskonstrukte des Käuferverhaltens – Aktivierende
und Kognitive Prozesse

In den folgenden Kapiteln wird die Theorie der psychischen Konstrukte, die das Konsumentenverhalten beeinflussen, beschrieben.

Aktivierung und Involvement

Die Autoren Kroeber-Riel und Gröppel-Klein (2019, S. 55) beschreiben, dass der O des Konsumenten durch die Aktivierung mit Energie versorgt und in der Folge dazu befähigt wird, eine Leistung zu erbringen. Die Aktivierung der Motivation, der Emotionen, des Involvements und der Einstellungsbildung als Grundlage allen menschlichen Antriebsprozessen vorgelagert. Boltz und Trommsdorff (2022, S. 76) erklären ferner, dass diese Aktivierung der Stärke der physiologischen Erregung des Zentralnervensystems entspricht. Im Stammhirn (retikuläres Aktivierungssystem, RAS) bewirkt dieser Erregungszustand über die Nervenbahnen eines spezialisierten Teils der Großhirnrinde (Kortex) eine Antriebskraft, die sich wiederum auf die physischen und motorischen Aktivitäten des O auswirkt. Die Aktiviertheit ist demnach das Leistungspotenzial von Prozessen wie das Denken, Fühlen und Handeln. Die Aktivierung alleine besitzt jedoch keine ‘Willenskraft’, also keine Kognitionen. Sie ist ein physiologischer, biologischer Urzustand und bereits bei ‘niederen’ Lebewesen vorhanden. Häufig wird sie als Zwischenstufe im Prozess ‘Marketingimpuls -> Aktiviertheit -> Impulskauf – > Aktualisierung eines Motivs’ beschrieben. Homburg (2020, S. 20) ergänzt diese Theorie und macht dabei die Aussage, dass Involvement eine zielgerichtete Form der Aktivierung des Konsumenten zur Informationssuche, -aufnahmen, -verarbeitung und Speicherung ist. Abhängig davon, ob der Konsument im Kontext des Involvements auf Kognitionen oder auf Emotionen zurückgreift, kann die Aktivierung verschiedene Auswirkungen auf das Verhalten haben.
Boltz und Trommsdorff erklären weiter (2022, S. 77), dass Involvement in unterschiedliche Auspräg-ungsgrade unterschieden werden kann. Ein sogenanntes High-Involvement liegt bei Produkten vor, die für den Konsumenten wichtig und mit Risiken behaftet sind, z. B. ein Auto oder eine Immobilie. Dabei umfasst das Bedürfnis des Konsumenten vermehrt die Risikominderung, weshalb er sich z. B. über das Produkt gründlich informiert. Darüber hinaus gibt es das Low-Involvement, das beim Kauf von Produkten mit geringem Risiko (z. B. von Produkten des täglichen Bedarfs) besteht und im Gegensatz zum High-Involvement nur mit einem geringen Informationsbedarf einhergeht. Demnach zeigt sich der Konsument bei diesen Produkten in seinem Informationsverhalten also eher passiv. Boltz und Trommsdorff (2022, S. 77) postulieren schlussfolgernd, dass die Aktiviertheit in der Erklärung des Konsumentenverhaltens eine
Schlüsselkompetenz ist und ein Grundbaustein für komplexe kognitive Vorgänge wie Motive
und Einstellungen des Konsumenten darstellt.

Emotionen

Der Begriff ‘Emotionen’ kann wie folgt definiert werden: „Emotionen sind Erregungszustände, die angenehm oder unangenehmen empfunden werden und mehr oder weniger bewusst sind. Sie ergeben sich aus der Aktivierung und einer subjektiven Interpretation“. (Foscht et al., 2017, S. 45). Unter dieser Annahme kann folgende Formel hergeleitet werden:

Emotionen haben einen enormen Einfluss auf das Konsumentenverhalten. Sie sind subjektiv erlebte Erregungen, die durch Äußere S oder durch innere Vorgänge ausgelöst werden, z. B. durch das Betrachten eines Bildes oder Textes in der Werbung (siehe Abbildung 6). Dieser Umstand wurde im Marketing lange unterschätzt (Foscht et al., 2017, S. 5).

Boltz und Trommsdorff (2022, S. 100) beschreiben, dass Emotionen schwach oder stark ausgeprägt sein können. Im Rahmen dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass die Autoren damit die Intensität meinen, inwiefern sich Emotionen auf das Denken und Handeln des Konsumenten aktivierend auswirken können. Sie beschreiben, dass der Konsument beim Betrachten von z. B. Werbung einerseits eine positive Wirkung erfahren kann und sich dem beworbenen Produkt also eher zuwendet. Andererseits führen sie aber auch aus, dass die Betrachtung negative Auswirkungen haben kann, wobei der Konsument das Produkt in der Folge eher meidet. Emotionen können sehr fein und subjektiv sein. Die Konsumentenverhaltensforschung versucht, diese Vielfalt an Gefühlen in messbare Variablen zu ordnen und gliedert die Emotionen zu diesem Zweck in weitere Kategorien wie Gefühlsklassen, Emotionsausdruck, heiße und kalte Gefühle etc. (Boltz & Trommsdorff, 2022, S. 101). Schlussfolgernd kann unter Berücksichtigung von Boltz und Trommsdorff (2022, S. 100) festgehalten werden, dass die Erkenntnis über Emotionen, also über die Gefühle, die der Konsument vor, während und nach der Konsumation empfindet, für den gesamten Kaufprozess ausschlaggebend ist. Demnach ist es eine Schlüsselaufgabe des Marketings, Emotionen gezielt auszulösen und zu konditionieren, um dem Konsumenten in den meist stagnierenden und gesättigten Konsumgütermärkten ein Markterlebnis zu verschaffen, das über den Grundnutzen hinaus einen Zusatznutzen stiftet und das Ziel verfolgt, sich von der Konkurrenz abzuheben. Dies geschieht anhand einer gefühlsdefinierten Marktsegmentierung.

Motivation und Einstellung

Neben den Emotionen übt auch die Motivation einen erheblichen Einfluss auf das Konsumentenverhalten aus. „Motivation ist der allgemeine Begriff für alle Prozesse, die dazu führen, dass Aktivitäten überhaupt starten (Initiierung), ein bestimmtes Ziel fokussieren (Richtunggebend) und oft dauerhaft fortgeführt werden (Aufrechterhaltung) […]“ (Gerrig, 2018, S. 450). Kuss und Kleinaltenkamp (2013, S. 260) bestätigen die soeben beschriebene Definition von Gerrig (2018, S. 450) und erklären ferner, dass Motivation als Kraft angesehen werden kann, die das Verhalten von Menschen antreibt und bestimmte Verhaltensweisen bewirkt. Dabei sollen Wünsche und Ziele unter Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage sowie mithilfe von Wegen, Ressourcen bzw. Mitteln (Produkte) befriedigt bzw. erreicht werden. Oft, wird um das Beschreibung von Bedürfnissen und der Motive der Konsumenten auf die Bedürfnispyramide von Maslow zurückgegriffen (Brinkmann, 2018, S. 542–543). Homburg ist der Auffassung (2020, S. 17–18) ,dass dem Konzept von Maslow die Annahme zugrunde liegt, dass sich ein Bedürfnis so lange auf das Verhalten auswirkt, bis es vollständig befriedigt ist. Der Nutzen von Motivation und Einstellung besteht für das Marketing darin, zwischen den verhaltenswirksamen Motiven zur Bedürfnisbefriedigung und den realen Eigenschaften eines Produktes Korrelationen zu finden, z. B. über eine Means-End-Analyse, und dabei zu evaluieren, welches Produkt der Konsument als geeignetes Mittel zur Befriedigung seiner Bedürfnisse ansieht. Ein weiterer Nutzen ist die Erforschung der Zusammenhänge zwischen Motive, Produkteigenschaften und Nutzenkomponenten mithilfe des Laddering-Verfahrens. Homburg
(2020, S. 23) vertritt dabei die Auffassung, dass die Einstellung eine wichtige Einflussgröße auf das Konsumentenverhalten ist. Mit der Einstellung ist eine innere erlernte, zeitbeständige Denkhaltung gegenüber von Personen, Verhaltensweisen, Ideen oder Sachen gemeint. Einstellungen sind mit einer Wertung und mit bestimmten Erwartungen verbunden, z.B. mit einem Konsumprodukt. Eine spezielle Messgröße des Marketings betreffend die Einstellung ist dabei die Kundenzufriedenheit. Diese dient im Qualitätsmanagement als qualitativer Indikator zur Beurteilung der Kundenbindungsmaßnahmen. Schlussfordernd können die Kundenzufriedenheit und deren Einflussgröße wie folgt als mathematische Formel dargestellt werden:

Homburg (2020, S. 23) ergänzt, dass die Kundenzufriedenheit auch einen Einfluss auf die Kundenloyalität und Auswirkung auf das preisbezogene Verhalten hat.

Prozess der Informationsaufnahme

Gerrig (2018, S. 244) definiert Kognition in seinem Werk ‘Psychologie’ wie folgt: „[…] Kognition ist jede mentale Aktivität, die zur Repräsentation und Verarbeitung von Wissen eingesetzt wird, wie z.B. Denken, Erinnern, Wahrnehmen und die Verwendung von Sprache […]“ (Gerrig, 2018, S. 244). Foscht et al. (2017, S. 85) beschreiben kognitive Prozesse im menschlichen Gehirn analog zu Informationsverarbeitungs-prozessen in der Datenverarbeitung (Dateneingabe, -verarbeitung, -ausgabe) mittels eines Computers. Kognitive Prozesse können – wie auch die aktivierenden Prozesse und Zustände – nicht direkt beobachtet werden. Eine Analogie zur Informatik lautet: Informationsaufnahme (Wahrnehmung) = Dateneingabe; Informationsverarbeitung (Wahrnehmung, Denken, Entscheiden) = Datenverarbeitung; Informations-speicherung (Denken, Lernen und Gedächtnis) = Datenverarbeitung; R = Datenausgabe. Foscht et al. führen in ihrem Werk (2017, S. 89–92) aus, dass bei der Informationsbeschaffung zwischen einer internen Informationsaufnahme (vorrangig aus dem Gedächtnis) und einer externen Informationsaufnahme (aus dem Umfeld, z. B. Werbung, Ladengestaltung, generelle Beobachtungen, Produktempfehlungen etc.) unterschieden werden kann. Die externe Informationsaufnahme beginnt schon mit der Aufnahme eines Reizes und dessen Entschlüsselung. Die über die menschlichen Sinne aufgenommenen Informationen (Sinneseindrücke) oder Wahrnehmungen (Reize) werden in bioelektrische Impulse umgewandelt, für eine kurze Zeit (0,1 Sekunden bis 1 Sekunde) im sensorischen Gedächtnis (ikonisches Gedächtnis) gespeichert und in Verbindung mit bereits vorhandenen Informationseinheiten gebracht, um vom zentralen Nervensystem weiterverarbeitet zu werden. Für den O nützliche Informationen werden schließlich im Arbeitsgedächtnis(Kurzzeitgedächtnis) oder im Langzeitgedächtnis bewusst oder unbewusst gespeichert oder verworfen.

Prozess der Informationsverarbeitung

Informationsverarbeitung wird als einen über die Informationsaufnahme hinausgehenden Prozess definiert. Foscht et al. (2017, S. 103) beschreiben (von Schiffman und Wisenblit aus dem Englischen übersetzt), dass die Wahrnehmung „[…] ein kognitiver Prozess der Informationsverarbeitung ist, bei dem vom Individuum aufgenommene Umweltanreize und innere Signale entschlüsselt zu einem inneren Bild der Umwelt und der eigenen Person verarbeitet werden, sodass sie einen Sinn (Informationsgehalt) erhalten […]“ (Schiffman & Wisenblit, 2019, S. 114). Foscht et al. (2017, S. 103) ergänzen, dass mittels dieses Informationsgehaltes gedacht werden kann und dass Einstellungen gebildet und rationale Entscheide getroffen werden können.

Prozesse der Informationsspeicherung – Lernen und Gedächtnis

Nach Ansichten der Autoren Foscht et al. (2017, S. 112) sind das Denken, Wissen, Lernen und das Gedächtnis wichtige Prozesse, die bei der Informationsspeicherung ablaufen und auch im Kontext des Konsumentenverhaltens relevant sind. Foscht et al. (2017, S. 121–124) erklären, dass in der Werbe-wirkungsforschung im Bereich des Konsumentenverhaltens wichtige Informationen gemessen werden, beispielsweise wie Konsumenten denken, wissen, lernen und Informationen im Gedächtnis abspeichern. Demnach muss die Werbewirkung auf das Aktivieren und auf kognitive Prozesse des Konsumenten (Wahrnehmung, Akzeptanz, Glaubwürdigkeit und das Lernen sowie Erinnern einer Werbebotschaft) abzielen, um einen Nutzen für das Marketing zu generieren

Erklärungsversuch des Käuferverhaltens in der Marktforschung

Die aus der Literaturstudie (Kapitel 2) gewonnenen theoretischen Grundlagen zum Käuferverhalten werden in diesem Kapitel anhand des Marketing-Cycle-Ansatzes systematisch reflektiert. Dabei stehen Themen wie die Marktforschung, der Marketingmix von Produkt, Preis und Kommunikation sowie die Kommunikation in der Distribution im Vordergrund, im Speziellen mit Fokus auf die Kundenzufriedenheit und auf das Kundenverhalten sowie -Bedürfnisse. Dabei werden Daten gesammelt, um den IST-Zustand der Kundenzufriedenheit, des Kundenverhaltens sowie der Kundenbedürfnisse in einem systematischen Prozess der Marktforschung zu ermitteln und zu analysieren. Der gewonnene IST-Zustand kann anschließend in eine mit Bedacht erstellte Marketingstrategie einfließen. Mittels eines gezielt definierten Marketingmix (4P) können Maßnahmen umgesetzt werden, um eine für das Marketing definierte Wirkung zu erzielen. Eine Frage kann dabei z. B. wie folgt lauten: Steigern wir durch gezielte Werbung den Bekanntheitsgrad des Produkts XY? Aus der Reflexion sollen Argumente abgeleitet werden, die Antworten auf die Kernfragestellung dieser Arbeit geben. Da nicht beobachtbare Variablen (siehe Abbildung 7) des O einen relevanten Einfluss auf das Käuferverhalten, auf Kaufentscheidungen etc. haben, müssen sie
messbar sein.

Messung der aktivierenden und kognitiven Prozesse in der Konsumentenverhaltensforschung

Homburg (2020, S. 62–63) beschreibt die Marktforschung sinngemäß als systematische Datensammlung, -aufbereitung und -analyse allgemeiner Marktcharakteristika, -entwicklungen -positionen, Wettbewerber, Kundensegmente, -zufriedenheit, -verhalten sowie -Bedürfnisse. Homburg erläutert weiter (2020, S. 68–71), dass zur Erhebung von Primärdaten verschiedene Methoden angewendet werden, z. B. mündliche, schriftliche, telefonische oder online durchgeführte Befragungen sowie Beobachtungen wie Kunden-laufstudien, Laborexperimente, Feldexperimente, Panelerhebungen etc. Darüber hinaus finden auch Mischformen von Befragung und Beobachtungen Anwendung. Als Sekundärdaten werden Informationen aus bereits vorhandenen unternehmensinternen und -externen Daten erhoben. Anhand der auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse wird (siehe Abbildung 8) ein Überblick über die zentralen Erkenntnisobjekte der Marktforschung geschaffen und dargestellt, welche themenbezogenen Entitäten mit dem Käuferverhalten in Verbindung stehen. Dazu gehören die Kundenzufriedenheit, das Kundenverhalten und die Kundenbedürfnisse.

Die Kundenzufriedenheit kann anhand von Befragungen evaluiert werden. Wie aber sollen die aktivierenden Zustände und kognitive Prozesse erforscht und gemessen werden? Denn gerade diese Aspekte sind zwar nicht direkt beobachtbar, haben aber einen signifikanten Einfluss auf das Käufer-verhalten.

Messung der Aktivierung

Foscht et al. (2017, S. 44) erklären, dass zur Messung einer Aktivierung Verbalaussagen der subjektiven Erlebnisebene im Vordergrund stehen, wobei z. B. die Pleasure-Arousal-Dominance-Skala (PAD-Skala) eingesetzt wird.

Auf der metrischen Ebene kann das emotionale Verhalten, z. B. durch eine Analyse der Gestik oder der Mimik des Konsumenten, beobachtet werden (siehe Abbildung 10). Zu den Messmethoden, die valide Ergebnisse zur Aktivierung liefern, gehören die traditionelle Messung des Hautwiderstands, die Messung des Kreislaufsystems (der Herzschlag mit einem Elektrokardiogramm, der Blutdruck und die Stimmfrequenz), Messungen der Muskeln sowie der Hirnaktionsströme mittels eines Elektroenzephalogramms (EEG) (Foscht et al., 2017, S. 44–45).

Im Weiteren kommt die Computer- und Kernspinntomographie zur Anwendung (siehe Abbildung 11), um zu visualisieren, welche Gehirnareale bei der Betrachtung eines S (z. B. eines bestimmten Produktes in einem Werbefilm) aktiviert werden (Foscht et al., 2017, S. 44).

Messung von Emotionen

Foscht et al. (2017, S. 50–54) beschreiben, dass Emotionen mittels physiologischer Indikatoren quantitativ und valide gemessen werden können. Mithilfe der elektrodermalen Reaktion (EDR) kann ein kurzzeitiges Absinken des elektrischen Leitungswiderstandes der Haut festgestellt werden.

Unter Berücksichtigung der Psychobiologie kommen darüber hinaus Verfahren wie die Messung des Blutdrucks, der Stimmfrequenz, der Gehirnströme und der Herzfrequenz zum Einsatz. Im Weiteren können mittels einer Positronen-Emissionstomographie (PET) oder Magnetresonanztomographen (MRT) Gehirnregionen identifiziert werden, die durch S angesprochen werden. Zur Evaluation der qualitativen Dimension von Emotionen werden Befragungen durchgeführt (Foscht et al., 2017, S. 50).

Messung von Motivation

Gemäß Foscht et al. (2017, S. 64–67) wird in der Konsumentenverhaltensforschung zur Messbarmachung der Motivation insbesondere die psychologische Disziplin der Motivforschung herangezogen, die der Erforschung der menschlichen Motivation (Ziele, Wünsche, Triebe und Neigungen) dient. Dabei werden Assoziations- und Projektionsverfahren sowie verbale (Sprache) und nonverbale (Bilder) Aspekte mittels offener Interviews abgefragt oder es erfolgen indirekte Befragungen, sogenannte projektive Tests (thematische Apperzeptionstest (TAT) oder der Rorschach-Test). Während dieser Untersuchungen werden den Testpersonen verschiedene Bilder mit Lebens-, Konsum- oder Kaufsituationen vorgelegt. Die Probanden assoziieren und beschreiben, was sie auf den Bildern sehen. Anhand der Aussagen kann schließlich auf Ziele, Wünsche oder Triebe geschlossen werden, z. B. auf den Wunsch nach Belohnung.
Diese Ergebnisse können dazu genutzt werden, gezielte Werbemassnahmen umzusetzen.

Messung der Einstellung

Die Einstellung der Konsumenten können mittels unterschiedlicher Ansätze, die sich an der Drei-Komponenten-Theorie orientieren, gemessen werden. Anhand der affektiven Komponente können Gefühlsäußerungen und die Reaktionen des autonomen Nervensystems erfasst werden. Bei der kognitiven Komponente werden verbal geäußerte Urteile zu einem Meinungsgegenstand beurteilt und es werden Rückschlüsse auf die Einstellung getroffen. Bei der konativen Komponente werden das Verhalten sowie Auskünfte über das eigene Verhalten mithilfe von Beobachtungen erfasst (Foscht et al., 2017, S. 76–79).

Messung der Aufmerksamkeit

Die Kognition, im Speziellen die Aufmerksamkeit, leidet unter der in der Gesellschaft anzunehmenden Reizüberflutung, was zu einem Aufmerksamkeitsdefizit führt. In der Forschung wird davon ausgegangen, dass der sensorische Speicher während der Betrachtung einer Werbung nach 5 Sekunden voll ist. Die Ressourcen, die notwendig sind, um Informationen in den Kurzzeitspeicher zu übernehmen, sind demnach beschränkt. Diesem Umstand soll Abhilfe geschaffen werden, wobei Verfahren wie das Eye Tracking zur Aufzeichnung des Blickverlaufs zum Einsatz kommen mit dem Ziel, die visuelle Kommunikation an den dabei gewonnenen Erkenntnissen auszurichten (Foscht et al., 2017, S. 88).

Literaturverzeichnis

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